Piraten sind doof, aus drei Gründen:

Erstens: Sie verherrlichen Räuber und Mörder.
Zweitens: Sie verdienen ihr Geld mit Killerspielen.
Drittens: Sie bestehen fast nur aus Männern.

Meine Polemik gegen die Piratenpartei ist oberflächlich und ungerecht, das gebe ich zu. Aber es erscheint mir als Zeitverschwendung, ein Phänomen zu analysieren, das sich durch seine Organisationsform, seine Geschichte und seine Medien allen Analysen entzieht. Jede tiefgründige Analyse wäre schon am Tag ihrer Veröffentlichung veraltet. Es bleibt also letztlich nichts als die Oberfläche, um sich mit dem Phänomen auseinanderzusetzen.

Erstes Merkmal ihrer Oberfläche ist der Name: die Bezugnahme der »Piraten« auf Piraten. Piraten waren (und sind) Menschen, die andere Menschen während einer Schifffahrt ausgeraubt und auch oft ermordet haben. Piraten nutzen also skrupellos eine Situation aus, in der Menschen besonders gefährdet sind, und der einzige Zweck ihres Tuns ist die persönliche Bereicherung. Zwar haben Hollywood-Märchen wie »Der Rote Korsar« immer wieder versucht, Piraten zu romantisieren – aber warum sollte ich als historisch gebildeter und zur Empathie fähiger Mensch dieser Romantisierung folgen? Übrigens lässt das Piratenzeichen mit dem Totenkopf keinen Zweifel an den Zielen und Methoden dieser Leute. Hallo? Da regen sich welche über Abzocker im Parlament auf und wählen dann, um Abzocke und Korruption zu beenden, Räuber und Mörder ins Parlament?

So ganz an den Haaren herbeigezogen ist dieser Vergleich nicht, denn schließlich ist der aktuelle Name »Piraten« entstanden im Zusammenhang mit einer Strömung, die das hemmungslose Klauen von Musik, Filmen, Textideen und Computerprogrammen auf ihre Fahnen geschrieben hatte – die Internet-Piraterie. Dass die Kritik der Piratenpartei am anachronistischen Urheberrecht teilweise berechtigt ist, und dass kooperative, unentgeltlich funktionierende Projekte wie Open Source und Wikipedia wertvoll sind und möglicherweise Ansätze für neue gesellschaftliche Strukturen und Werteordnungen darstellen, lasse ich in meiner bewusst ungerechten Polemik beiseite.

Viele namhafte Piratenvertreter (oder soll ich hämisch „Piratenfunktionäre“ sagen?) verdienen ihr Geld offenbar mit dem Programmieren von Kriegs- und Mörderspielen, die die Kritiker meist (leicht verharmlosend) „Killerspiele“ nennen, die Befürworter (schwer verharmlosend) „Ego-Shooter“, „Rollenspiele“ oder „Fantasy-Spiele“. Der wirtschaftspolitische Piratensprecher Pavel Mayer z. B. ist 3D-Programmierer von Beruf.[1] Wer zahlt am meisten für solche Dienste? Die Hersteller von Kriegs- und Mörderspielen. Der kürzlich ausgeschiedene Bundesvorsitzende Sebastian Nerz alias tirsales trägt das unsympathische Lebensmotto »Geboren, um zu lärmen« vor sich her. Als Bioinformatik-Student in Tübingen engagierte er sich in der Ritterromanwelt des Pen&Paper-Rollenspiels »Das Schwarze Auge«.[2] Ein wesentlicher Teil der sogenannten Bürgerrechte, die die Piratenpartei verteidigt, ist das angebliche Recht der Mitspieler von »World of Warcraft«, »Crysis« und der milliardenschweren Computerspiele-Industrie, schon die bloße Frage nach Zusammenhängen zwischen ihren Spielen und den Amokläufen von Erfurt, Winnenden, Lörrach und anderswo sofort per Shitstorm aus jeder wissenschaftlichen, politischen und publizistischen Debatte zu verbannen. Der angebliche Kampf gegen Zensur ist vor allem ein Kampf gegen jede unabhängige Kritik von außen.

Dass es in der Piratenpartei bislang kaum Frauen gibt, könnte sich einmal als der größte historische Unterschied zwischen Piraten und Grünen erweisen. Es ist auch eine der stärksten Parallelen zwischen Piratenpartei und FDP. Keine Frauen, das bedeutet schon heute: kein Platz für Pazifismus, kein Platz für Umwelt- und Naturschutz, kein Platz für sozial- und kulturpolitische Fragen. Dass die Piraten in den Medien als Erfinder der Basisdemokratie gepriesen werden, zeugt nur von ungenügender historischer Bildung der verantwortlichen Redakteure. Zur Erinnerung: »Die Grünen – ökologisch, sozial, basisdemo­kratisch, gewaltfrei« – so plakatierten die Grünen zur Bundestagswahl 1983. Dass das keine Phrasen­drescherei war, zeigt der jahrfünftelange selbstquälerische Kampf der Grünen um das Thema Rotation (automatisches Ausscheiden aller Abgeordneten nach zwei Jahren). Und wenn man heute die Tweets von tirsales (Sebastian Nerz) liest, dann gibt es dort keine Partei, auf die er so hasserfüllt draufhaut wie die Grünen.


[1]     Die Zeit 8.4.2012

[2]     so Frank Drieschner und Khue Pham in der »Zeit« vom 26.4.2012

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